In 400 Kilometern Höhe, frei schwebend
im All und bei einer Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde, ist der
Außenbordeinsatz wohl die komplizierteste Aufgabe eines Raumfahrers: anstrengend,
gefährlich und dabei höchst beeindruckend. Das Leben und die Arbeit an Bord der
Raumstation sind schon faszinierend, aber die Möglichkeit, nach draußen zu gehen,
stellt einen absoluten Höhepunkt dar. Die Vorbereitung für solche Einsätze ist umfangreich,
sowohl auf der Erde als auch an Bord der Station. Die Station muss neu konfiguriert und die Anzüge
gewartet werden. Alles muss vorbereitet werden, was aufwendig ist, aber der Außenbordeinsatz
selbst ist ein unvergessliches Erlebnis. Der Aufenthalt außerhalb der Station, umgeben
von der für einen tödlichen Leere des Alls, ist die intensivste Erfahrung, die ein
Astronaut machen kann. Der Raumanzug ist wie ein kleines Raumschiff: Er
trägt den gesamten Sauerstoff, enthält einen Kohlendioxidabscheider, hat ein Heiz- und
Kühlsystem zur Regulierung der Körpertemperatur und einen Computer, der auf einem Display anzeigt,
falls etwas mit dem Anzug nicht stimmt. Er schützt vor radioaktiver Strahlung und macht
Arbeiten außerhalb der Station möglich. Der Helm des Anzugs bleibt in seiner Position,
was die Bewegungsfreiheit etwas einschränkt. Bei sonnigem Wetter müssen Sonnenbrillen getragen
werden. Der Anzug reguliert die Temperatur je nach Sonneneinfall und versorgt mit Sauerstoff.
Die Wartung des Anzugs umfasst Filterwechsel und Systemkontrollen. Es gab Fälle wie ein
Ammoniakproblem, das schnell behoben werden musste. Alle Arbeiten außerhalb
der Raumstation werden auf der Erde minutiös geplant und in Wasserbecken
getestet, um die Schwerelosigkeit zu simulieren. Fehler im All
können nicht erlaubt werden. Ein wesentlicher Teil der Vorbereitung ist auch
die psychologische Betreuung der Raumfahrer. Die extremen Arbeitsanforderungen und beengten
Verhältnisse können zu Konflikten führen. Ein russischer Kosmonaut sagte, dass ein
kleiner Tropfen schon ausreichen kann, um das Fass zum Überlaufen zu bringen, etwa
wenn jemand täglich die Zahnpastatube in der Mitte ausdrückt. Auch auf der
Mir-Station kam es zu solchen Konflikten. Lebensbedrohlicher sind die Trümmer im All:
winzige Meteoriten und Weltraumschrott, die die Station und ihre Bewohner bedrohen.
Große Körper können frühzeitig entdeckt und umgangen werden, aber die Gefahr bleibt real.
Hollywood hat solche Szenarien dramatisiert, aber im All selbst ist bisher noch kein Mensch
ums Leben gekommen. Das Risiko besteht jedoch. Der Film „Gravity“ wird oft
auf seine Realitätsnähe hin befragt. Während die Aufnahmen der Erde
realistisch sind, sind viele Szenarien, wie die Geschwindigkeit von Weltraummüll,
unrealistisch dargestellt. Weltraummüll hat typischerweise eine Relativgeschwindigkeit
von 5 bis 7 Kilometern pro Sekunde, was eine frühzeitige Sicht auf herannahende Teile
unmöglich macht. Ein weiteres Risiko ist das Feuer an Bord. Die Astronauten testen das Brandverhalten
von Materialien in der Schwerelosigkeit, um Feuerlöschanlagen für künftige Raumschiffe
zu entwickeln. Schon ein kleiner Brand kann lebensgefährlich sein, wie die NASA
während des Mondprogramms erfahren musste, als drei Astronauten in einem Brand ums
Leben kamen. Die Bekämpfung von Bränden gehört zur Ausbildung jeder Mission ins All. Notfallpläne
sind strikt und werden im Simulator trainiert. Die Mir-Station, die bis weit über ihre
Lebensdauer betrieben wurde, zeigte die Robustheit der russischen Weltraumtechnik,
auch wenn sie oft repariert werden musste. Jede Raumstation muss laufend gewartet werden,
und auch auf der ISS gab es Notfälle. Bei Problemen kommen die Raumfahrer in der
Zentrale zusammen und entscheiden, wie sie das Problem lösen. Außenbordeinsätze folgen
einer genauen Choreografie und werden von den Kontrollzentren auf der Erde überwacht.
Die Internationale Raumstation ist das größte Technologieprojekt aller Zeiten,
bei dem Tausende am Boden arbeiten, um die Experimente und Arbeitseinsätze der
Astronauten zu leiten und zu überwachen.