Ziel „Zerstörung“? – Die Kandidaten der Freien Sachsen zur Kommunalwahl

Published: Jun 05, 2024 Duration: 00:14:28 Category: People & Blogs

Trending searches: leipzig wahl
Rechtsextreme „Freie Sachsen“ beim Wahlkampf in Freital bei Dresden *** Freitagabend, Freital nahe Dresden. Anhänger der rechtsextremen "Freien Sachsen" versammeln sich auf dem Neumarkt. Die Partei will ihre Bewerber für die Stadtratswahl vorstellen. René Seyfried ist ihr Spitzen-Kandidat. Nicht nur das Wetter lässt zu wünschen übrig, sondern auch die Tonqualität der Musikanlage. Freital 2015. Im Sommer belagern Rechtsextreme über Tage ein Hotel, in dem Geflüchtete untergebracht sind. Monatelang hatte die Initiative "Nein zum Heim" Stimmung gegen Ausländer gemacht. Einer ihrer Sprecher: René Seyfried. Vor dem Heim selbst ist er nicht dabei, aber in der internen Chat-Gruppe der Asyl-Gegner heizt er an. Auch jetzt will er wieder Unmut schüren gegen die Unterbringung von Migranten in Freital. Wir haben aufgenommen, und jetzt ist das Boot voll. Warum sollen wir noch mehr nehmen? Es reicht zu, dass der Landkreis weiß, es gibt einen Herrn Seyfried im Freital. Und wenn wir hier was machen, dann hat er mit seinen Leuten innerhalb kürzester Zeit 1.000 Mann auf der Straße. Rene Seyfried gehört zu den Kommunalwahl-Kandidaten, die während der Flüchtlingskrise 2015 rechtsaußen aktiv geworden sind. Auch dieser "Freie Sachsen"-Bewerber hat sich damals an den rechten Rand bewegt: Jens Lorek. Der Rechtsanwalt meldete Demos gegen Asylbewerberheime an. Chef der Freien Sachsen Martin Kohlmann fordert den „Säxit“ Als der Regen stärker wird, taucht in Freital auch der Chef der "Freien Sachsen" auf. Martin Kohlmann. Der Rechtsanwalt hat große Ziele mit seiner kleinen Partei. Die Reißleine heißt "Säxit". Denn nur mit einem Austritt aus diesen Zuständen werden wir diese Zustände von unserem Land hier fernhalten. Erst einmal hofft Kohlmann auf einen Rechtsruck bei den Kommunalwahlen. Wenn wir das, wofür wir einstehen, umsetzen können, werden wir das jedenfalls nutzen. Da ist nicht die Frage, mit wem. Es gibt da auch freie ... irgendwelche Listen, die oftmals vernünftig sind auf Kommunalebene. Auch da werden wir die Zusammenarbeit suchen. Wir suchen auch immer die Zusammenarbeit mit der AfD, natürlich. (Reporter) Ist es ein strategisches Ziel, mit der AfD, wo es möglich ist, eine rechte Mehrheit zu bilden? Das ist natürlich das beste Ziel. Dass es jetzt in einzelnen Kommunen schon gelingen kann, Mehrheiten jenseits der Altparteien zu organisieren, das ist natürlich ein Traum. Die noch junge Kleinpartei hat 554 Kandidaten aufgestellt und tritt für alle Kreistage sowie die Stadträte von Dresden, Leipzig und Chemnitz an. Die "Freien Sachsen" bewerben sich in weiteren 38 Gemeinden um Mandate in den Ortsparlamenten. V.a. dort, wo sie durch Straßenproteste das größte Potenzial sehen. NPD-Kader Max Schreiber kandidiert für die „Freien Sachsen“ 1. Juni, Christopher Street Day in Dresden. Anlass für mehrere Neonazis, die Veranstaltung zu stören. Einer von ihnen: Max Schreiber. Die Provokation sucht der Gerüstbauer gern. Regelmäßig meldet er von Dresden bis ins Erzgebirge Demos an. Mal kapert er den Bauernprotest, mal mobilisiert er gegen die Unterbringung von Migranten. Und Schreiber hat offenbar ein Gewaltproblem. In Dresden-Laubegast jagte er mit weiteren eine Gruppe von Journalisten. Mitte Juni muss Schreiber sich wegen Nötigung vor Gericht verantworten. Er selbst verweist auf die Unschuldsvermutung. Dass Ex-NPD-Mann Schreiber auch vor Bedrohungen nicht zurückschreckt, erlebt am 13. Februar der SPD-Kandidat Lutz Hoffmann. In einem Post auf seinem Telegram-Kanal stellt Schreiber ihn an den Pranger. veröffentlicht die Telefonnummer und Adresse von Hoffmanns Website. Am selben Tag folgen Drohanrufe. Es klingelte mein Telefon, ich bin rangegangen, und es hieß, ich soll dringend nach Hause kommen, da wäre ein Unglück passiert. Das war eine Drohung. Ich habe die Polizei angerufen und das geschildert. Habe mir ein Leihfahrrad genommen, bin nach Hause geradelt. Als ich in den Hinterhof kam, standen da 3 oder 4 Gestalten. Und als ich mich genähert habe, sind die abgehauen. Lutz Hoffmann hat Anzeige wegen Bedrohung erstattet. Wir fragen Max Schreiber, warum er persönliche Daten anderer Politiker auf Telegram verbreitet. Weil die dazugehören. Bei denen müssen auch die Handschellen klicken. Also ich habe zu keiner Zeit eine Privatadresse veröffentlicht. Da muss ich widersprechen. Beim Herrn Hoffmann war es natürlich ungünstig. Denn auf der SPD-Seite von ihm, als Lokalpolitiker, war die Adresse veröffentlicht und das Büro öffentlich einsehbar. Des habe ich die Adresse natürlich genommen. Max Schreiber ist viele Jahre in der NPD aktiv gewesen. Er ist nur einer von zahlreichen NPD-Kadern, die für die "Freien Sachsen" antreten. Zu den prominenteren zählt Jürgen Gansel. Als NPD-Landtagsabgeordneter provozierte er oft im Landtag, nannte die Bombardierung Dresdens einen "Bombenholocaust". Auch Peter Schreiber kandidiert für die "Freien Sachsen". Er ist der Landeschef der NPD-Nachfolgepartei "Heimat", die im Freistaat quasi verschmolzen mit den "Freien Sachsen" ist. Schreiber macht Propaganda für beide Parteien. Die Kommunalwahlen sind für die "Freien Sachsen" auch ein Testlauf für die Landtagswahl im September. Geht es nach Martin Kohlmann, sollen künftig auf Landesebene nicht mehr alle Sachsen das gleiche Stimmrecht haben. Ich halte es nicht für richtig, dass jeder die gleiche Stimme hat. Ein 19-Jähriger, der bis jetzt es geschafft hat, 2 Lehren abzubrechen, kann nicht die gleiche Stimme haben wie ein 50-jähriger Familienvater, Unternehmer, der ehrenamtlich 2 Vereine leitet. Es ist nicht richtig, dass die die gleiche Stimme haben. „Das Motto der Freien Sachsen ist Zerstörung“ Michael Nattke, Geschäftsführer Kulturbüro Sachsen Michael Nattke leitet das Kulturbüro Sachsen. Er beobachtet die "Freien Sachsen" seit ihrer Gründung 2021. Ihr Motto heiße Zerstörung, so seine Einschätzung. Im Moment ist es so, dass die "Freien Sachsen" ein Interesse daran haben, alles, was demokratische Gesellschaft verkörpert, kaputtzuschießen. Sie wollen das alles dekonstruieren. Politiker sind für sie Verbrecher, in den Verwaltungen sitzen Leute, die nur Handlanger dieser Verbrecher sind. Wie die Gesellschaft später aussieht, in der "Freie Sachsen" die Macht haben, das lassen sie an vielen Stellen total offen. An vielen Stellen ist das nicht definiert. Auch absichtlich, denn damit schaffen sie es, dass viel mehr Anhänger ihnen folgen. Wer kandidiert für die „Freien Sachsen“ in Leisnig? Wahlkampfauftakt auf dem Markt von Leisnig. Die Kleinstadt liegt in Mittelsachsen, auf halber Strecke zwischen Leipzig und Chemnitz. ... habe mich für die "Freien Sachsen" entschieden, weil die "Freien Sachsen" eine Bandbreite in der Meinung, in dem Sagbaren haben, die es woanders nicht gibt. Die "Freien Sachsen" distanzieren sich von niemandem. Lutz Giesen und weitere Kandidaten der "Freien Sachsen" haben zum Kennenlernen geladen. Sie wollen in den Stadtrat und in den Kreistag einziehen. Das finden nicht alle hier gut. Etwa 60 Menschen demonstrieren gegen die Veranstaltung. (Demo-Parole) "Wir kriegen euch alle!" Wer ist Lutz Giesen? 2009 droht er bei einem Aufmarsch in Berlin politischen Gegnern noch mit Hausbesuchen. In "Schulungsbriefen" verbreitete der Berliner früher NS-Propaganda. Zitat: Später war Giesen führend in der "Heimattreuen Deutschen Jugend", eine Art Nachfolgeorganisation der Hitlerjugend. In deren Zeltlagern ging es v.a. um die Indoktrinierung von Kindern, Rasseschulungen inklusive. Mitorganisiert von Giesens Kamerad Christian Fischer aus Niedersachsen. Heute steht Christian Fischer ebenfalls als Kandidat in Leisnig. Völkisches Denken ist ihm immer noch ein Anliegen. In 25 bis 30 Jahren sieht es noch ganz anders aus. Dann sind die Deutschen schon fast gar nicht mehr dort zu finden. Und genau aus diesem Grund ... Denn auch hier in Leisnig haben wir die Problematik, dass immer mehr Wohnungen von Nicht-Deutschen belegt werden. Wenn wir aber im Stadtrat sitzen, liebe Freunde, dann können wir die Informationen einfordern. Das Rathaus-Mandat nutzen, um an Infos über die Unterbringung von Migranten zu kommen? Wir fragen nach. (Reporter) Aber Sie wollen ja nicht vor den Wohnungen demonstrieren? Man muss gegen diese Zustände demonstrieren. Hier haben wir den Marktplatz. Wir sind jetzt auch hier. Der Marktplatz ist schön, hier können wir uns breitmachen. Giesen und Fischer kamen als völkische Siedler nach Sachsen. „Freie Sachsen“ Kandidaten in Sachsen – mit militanter rechtsextremer Vergangenheit Sie sind nicht die einzigen Kandidaten der "Freien Sachsen" mit militanter Vergangenheit. So tritt auch Rico Knobloch an, ein verurteilter Rechtsterrorist. Hast du ein Bild von mir gemacht? Ich will das sehen, sofort löschen. Hör auf zu fotografieren, wenn ich hier bin. Du nimmst den Arm weg, sonst knall ich dir eine. Er gehörte zur "Gruppe Freital", die 2015 mehrere Anschläge auf Linke und Ausländer verübte. Kreistagskandidat Wladislaw Sirbu ist bekennender Nationalsozialist. Er ist erst vor einiger Zeit nach Sachsen gezogen. Von Niedersachsen aus hatte er die rechtsextreme Gruppe "Nordadler" gegründet. 2020 wurde die stramm antisemitische NS-Propagandatruppe verboten. Mit den "Freien Sachsen" würde der Rechtsextremismus in die Kommunalparlamente einziehen. Michael Nattke warnt davor, die Folgen zu unterschätzen. „Was würde passieren, wenn die „Freien Sachsen“ in die Kommunalparlamente kommen? Es braucht in Kommunalparlamenten gar nicht viele "Freie Sachsen", um im Gemeinderat oder Stadtrat für Unfrieden zu sorgen. Schon 2 oder 3 "Freie Sachsen" können ausreichen, damit der demokratische Diskurs vergiftet wird, dass die Verwaltung unter Druck gesetzt wird, dass die Sitzungen gestört werden. V.a. werden die "Freien Sachsen", wenn sie in den Kommunalparlamenten sitzen, immer das Bild malen: "Dieser Gemeinderat, Stadtrat, der kriegt nichts gebacken. Die bekommen es nicht hin, vernünftig Politik zu machen." Sie befeuern damit ihre eigene Geschichte immer wieder von der Unfähigkeit der Demokratie. (Mann) Wir lieben Russland! Welche Demos unterstützen die „Freien Sachsen“? Montagabend in Bautzen. Seit rund 4 Jahren demonstriert man hier nahezu wöchentlich. Gegen angebliche "Corona-Verbrechen", gegen Impfungen, für den Erhalt von Bargeld. Die "Freien Sachsen" bewerben den Protest nicht nur, viele Teilnehmer tragen Fahnen mit dem Logo der Partei. "The white race", die weiße Rasse, steht auf dem T-Shirt dieses Teilnehmers. Vertrieben wird es von "Balaclava Graphics", einer Gruppe rechtsextremer Grafik- und Videomacher. Rechtsextremist Benjamin Moses tritt zur Kreistagswahl Bautzen an Hinter dem Pseudonym steckt u.a. Benjamin Moses. Auch er tritt zur Kreistagswahl an. 2022 treffen wir ihn auf der Montagsdemonstration, hinter ihm der "Jugendblock", ein Zusammenschluss rechtsradikaler Jugendlicher. „Wir wollen keine Pressefreiheit“ Moses in Konfrontation gegenüber YouTuber „Weichreite TV“ (jemand liest) "Wir sind die Jugend ohne Migrationshintergrund." (Mann) Ey, komm, verpiss dich mal. Warum schubsen Sie mich hier? - Hau ab. Für den "Jugendblock" fühlt Moses sich augenscheinlich verantwortlich. Wie der Rechtsextremist tickt, erlebt im Februar auch AfD-Lokalpolitiker Sebastian Weber, der als "WeichreiteTV" live von linken und rechten Protesten streamt. Lass unseren Block in Ruhe, film die anderen, aber nicht die Jugend. Das geht nicht, Scheiß-Diktatur, wenn ihr keine Pressefreiheit wollt. Wir wollen ja keine Pressefreiheit. - Super, was wollt ihr dann? Kann ich im Live-Stream nicht sagen. Verpiss dich einfach. Andere Demonstranten hier haben sich während Corona radikalisiert. Mit Reichsbürgerszene vernetzt – Kandidat der „Freien Sachsen“ in der Oberlausitz So auch Veit Gähler, einer der Organisatoren. Er kandidiert für das "Bündnis Oberlausitz", auf dem Ticket der "Freien Sachsen". Der ehem. Spielzeughändler gilt als gut vernetzt mit der lokalen Reichsbürgerszene. Militante Neonazis, NPD-Kader und Corona-Radikalisierte: Die „Freien Sachsen“ bündeln den rechten Rand – vereint im Hass Die "Freien Sachsen" bündeln den rechten Rand. Ihr Ton ist der Hass. Ob sie künftig in den Kommunen mitbestimmen, entscheiden am Sonntag Sachsens Wählerinnen und Wähler. Copyright MDR 2024

Share your thoughts