Rechtsextreme „Freie Sachsen“ beim Wahlkampf in Freital bei Dresden *** Freitagabend,
Freital nahe Dresden. Anhänger
der rechtsextremen "Freien Sachsen" versammeln sich auf dem Neumarkt. Die Partei will ihre Bewerber
für die Stadtratswahl vorstellen. René Seyfried
ist ihr Spitzen-Kandidat. Nicht nur das Wetter
lässt zu wünschen übrig, sondern auch
die Tonqualität der Musikanlage. Freital 2015. Im Sommer belagern Rechtsextreme
über Tage ein Hotel, in dem Geflüchtete
untergebracht sind. Monatelang hatte
die Initiative "Nein zum Heim" Stimmung gegen Ausländer gemacht. Einer ihrer Sprecher:
René Seyfried. Vor dem Heim selbst
ist er nicht dabei, aber in der internen Chat-Gruppe
der Asyl-Gegner heizt er an. Auch jetzt will er
wieder Unmut schüren gegen die Unterbringung
von Migranten in Freital. Wir haben aufgenommen,
und jetzt ist das Boot voll. Warum sollen wir noch mehr nehmen? Es reicht zu,
dass der Landkreis weiß, es gibt einen Herrn Seyfried
im Freital. Und wenn wir hier was machen,
dann hat er mit seinen Leuten innerhalb kürzester Zeit
1.000 Mann auf der Straße. Rene Seyfried gehört
zu den Kommunalwahl-Kandidaten, die während der Flüchtlingskrise 2015
rechtsaußen aktiv geworden sind. Auch dieser "Freie Sachsen"-Bewerber hat sich damals
an den rechten Rand bewegt: Jens Lorek. Der Rechtsanwalt meldete Demos
gegen Asylbewerberheime an. Chef der Freien Sachsen Martin Kohlmann fordert den „Säxit“ Als der Regen stärker wird, taucht in Freital auch der Chef
der "Freien Sachsen" auf. Martin Kohlmann. Der Rechtsanwalt hat große Ziele
mit seiner kleinen Partei. Die Reißleine heißt "Säxit". Denn nur mit einem Austritt
aus diesen Zuständen werden wir diese Zustände
von unserem Land hier fernhalten. Erst einmal hofft Kohlmann auf einen Rechtsruck
bei den Kommunalwahlen. Wenn wir das, wofür wir einstehen,
umsetzen können, werden wir das jedenfalls nutzen. Da ist nicht die Frage, mit wem. Es gibt da auch freie ...
irgendwelche Listen, die oftmals vernünftig sind
auf Kommunalebene. Auch da werden wir
die Zusammenarbeit suchen. Wir suchen auch immer
die Zusammenarbeit mit der AfD, natürlich. (Reporter)
Ist es ein strategisches Ziel, mit der AfD, wo es möglich ist,
eine rechte Mehrheit zu bilden? Das ist natürlich das beste Ziel. Dass es jetzt in einzelnen Kommunen
schon gelingen kann, Mehrheiten jenseits der Altparteien
zu organisieren, das ist natürlich ein Traum. Die noch junge Kleinpartei
hat 554 Kandidaten aufgestellt und tritt für alle Kreistage sowie die Stadträte von Dresden,
Leipzig und Chemnitz an. Die "Freien Sachsen" bewerben sich
in weiteren 38 Gemeinden um Mandate in den Ortsparlamenten. V.a. dort,
wo sie durch Straßenproteste das größte Potenzial sehen. NPD-Kader Max Schreiber kandidiert für die „Freien Sachsen“ 1. Juni,
Christopher Street Day in Dresden. Anlass für mehrere Neonazis,
die Veranstaltung zu stören. Einer von ihnen:
Max Schreiber. Die Provokation
sucht der Gerüstbauer gern. Regelmäßig meldet er von Dresden
bis ins Erzgebirge Demos an. Mal kapert er den Bauernprotest, mal mobilisiert er gegen
die Unterbringung von Migranten. Und Schreiber
hat offenbar ein Gewaltproblem. In Dresden-Laubegast
jagte er mit weiteren eine Gruppe von Journalisten. Mitte Juni muss Schreiber sich wegen
Nötigung vor Gericht verantworten. Er selbst verweist
auf die Unschuldsvermutung. Dass Ex-NPD-Mann Schreiber auch
vor Bedrohungen nicht zurückschreckt, erlebt am 13. Februar
der SPD-Kandidat Lutz Hoffmann. In einem Post
auf seinem Telegram-Kanal stellt Schreiber ihn an den Pranger. veröffentlicht die Telefonnummer
und Adresse von Hoffmanns Website. Am selben Tag folgen Drohanrufe. Es klingelte mein Telefon,
ich bin rangegangen, und es hieß, ich soll dringend nach Hause kommen,
da wäre ein Unglück passiert. Das war eine Drohung. Ich habe die Polizei angerufen
und das geschildert. Habe mir ein Leihfahrrad genommen,
bin nach Hause geradelt. Als ich in den Hinterhof kam,
standen da 3 oder 4 Gestalten. Und als ich mich genähert habe,
sind die abgehauen. Lutz Hoffmann hat Anzeige
wegen Bedrohung erstattet. Wir fragen Max Schreiber, warum er persönliche Daten
anderer Politiker auf Telegram verbreitet. Weil die dazugehören. Bei denen müssen auch
die Handschellen klicken. Also ich habe zu keiner Zeit
eine Privatadresse veröffentlicht. Da muss ich widersprechen. Beim Herrn Hoffmann
war es natürlich ungünstig. Denn auf der SPD-Seite von ihm,
als Lokalpolitiker, war die Adresse veröffentlicht
und das Büro öffentlich einsehbar. Des habe ich die Adresse
natürlich genommen. Max Schreiber ist viele Jahre
in der NPD aktiv gewesen. Er ist nur einer
von zahlreichen NPD-Kadern, die für die "Freien Sachsen"
antreten. Zu den prominenteren
zählt Jürgen Gansel. Als NPD-Landtagsabgeordneter
provozierte er oft im Landtag, nannte die Bombardierung Dresdens
einen "Bombenholocaust". Auch Peter Schreiber
kandidiert für die "Freien Sachsen". Er ist der Landeschef
der NPD-Nachfolgepartei "Heimat", die im Freistaat quasi verschmolzen
mit den "Freien Sachsen" ist. Schreiber
macht Propaganda für beide Parteien. Die Kommunalwahlen
sind für die "Freien Sachsen" auch ein Testlauf
für die Landtagswahl im September. Geht es nach Martin Kohlmann,
sollen künftig auf Landesebene nicht mehr alle Sachsen
das gleiche Stimmrecht haben. Ich halte es nicht für richtig,
dass jeder die gleiche Stimme hat. Ein 19-Jähriger,
der bis jetzt es geschafft hat, 2 Lehren abzubrechen,
kann nicht die gleiche Stimme haben wie ein 50-jähriger
Familienvater, Unternehmer, der ehrenamtlich 2 Vereine leitet. Es ist nicht richtig,
dass die die gleiche Stimme haben. „Das Motto der Freien Sachsen ist Zerstörung“ Michael Nattke, Geschäftsführer Kulturbüro Sachsen Michael Nattke
leitet das Kulturbüro Sachsen. Er beobachtet die "Freien Sachsen"
seit ihrer Gründung 2021. Ihr Motto heiße Zerstörung,
so seine Einschätzung. Im Moment ist es so, dass die "Freien Sachsen"
ein Interesse daran haben, alles, was demokratische
Gesellschaft verkörpert, kaputtzuschießen. Sie wollen das alles dekonstruieren. Politiker sind für sie Verbrecher,
in den Verwaltungen sitzen Leute, die nur Handlanger
dieser Verbrecher sind. Wie die Gesellschaft
später aussieht, in der "Freie Sachsen"
die Macht haben, das lassen sie
an vielen Stellen total offen. An vielen Stellen
ist das nicht definiert. Auch absichtlich,
denn damit schaffen sie es, dass viel mehr Anhänger
ihnen folgen. Wer kandidiert für die „Freien Sachsen“ in Leisnig? Wahlkampfauftakt
auf dem Markt von Leisnig. Die Kleinstadt
liegt in Mittelsachsen, auf halber Strecke
zwischen Leipzig und Chemnitz. ... habe mich für
die "Freien Sachsen" entschieden, weil die "Freien Sachsen" eine Bandbreite in der Meinung,
in dem Sagbaren haben, die es woanders nicht gibt. Die "Freien Sachsen"
distanzieren sich von niemandem. Lutz Giesen und weitere Kandidaten
der "Freien Sachsen" haben zum Kennenlernen geladen. Sie wollen in den Stadtrat
und in den Kreistag einziehen. Das finden nicht alle hier gut. Etwa 60 Menschen demonstrieren
gegen die Veranstaltung. (Demo-Parole)
"Wir kriegen euch alle!" Wer ist Lutz Giesen? 2009 droht er
bei einem Aufmarsch in Berlin politischen Gegnern
noch mit Hausbesuchen. In "Schulungsbriefen" verbreitete
der Berliner früher NS-Propaganda. Zitat: Später war Giesen führend in
der "Heimattreuen Deutschen Jugend", eine Art Nachfolgeorganisation
der Hitlerjugend. In deren Zeltlagern ging es v.a.
um die Indoktrinierung von Kindern, Rasseschulungen inklusive. Mitorganisiert von Giesens Kamerad
Christian Fischer aus Niedersachsen. Heute steht Christian Fischer
ebenfalls als Kandidat in Leisnig. Völkisches Denken
ist ihm immer noch ein Anliegen. In 25 bis 30 Jahren
sieht es noch ganz anders aus. Dann sind die Deutschen schon
fast gar nicht mehr dort zu finden. Und genau aus diesem Grund ... Denn auch hier in Leisnig
haben wir die Problematik, dass immer mehr Wohnungen
von Nicht-Deutschen belegt werden. Wenn wir aber im Stadtrat sitzen,
liebe Freunde, dann können wir
die Informationen einfordern. Das Rathaus-Mandat nutzen, um an Infos über die Unterbringung
von Migranten zu kommen? Wir fragen nach. (Reporter) Aber Sie wollen ja nicht
vor den Wohnungen demonstrieren? Man muss
gegen diese Zustände demonstrieren. Hier haben wir den Marktplatz.
Wir sind jetzt auch hier. Der Marktplatz ist schön,
hier können wir uns breitmachen. Giesen und Fischer kamen
als völkische Siedler nach Sachsen. „Freie Sachsen“ Kandidaten in Sachsen – mit militanter rechtsextremer Vergangenheit Sie sind nicht die einzigen
Kandidaten der "Freien Sachsen" mit militanter Vergangenheit. So tritt auch Rico Knobloch an,
ein verurteilter Rechtsterrorist. Hast du ein Bild von mir gemacht?
Ich will das sehen, sofort löschen. Hör auf zu fotografieren,
wenn ich hier bin. Du nimmst den Arm weg,
sonst knall ich dir eine. Er gehörte zur "Gruppe Freital", die 2015 mehrere Anschläge
auf Linke und Ausländer verübte. Kreistagskandidat Wladislaw Sirbu
ist bekennender Nationalsozialist. Er ist erst vor einiger Zeit
nach Sachsen gezogen. Von Niedersachsen aus hatte er die rechtsextreme Gruppe
"Nordadler" gegründet. 2020 wurde die stramm antisemitische
NS-Propagandatruppe verboten. Mit den "Freien Sachsen"
würde der Rechtsextremismus in die Kommunalparlamente einziehen. Michael Nattke warnt davor,
die Folgen zu unterschätzen. „Was würde passieren, wenn die „Freien Sachsen“ in die Kommunalparlamente kommen? Es braucht in Kommunalparlamenten
gar nicht viele "Freie Sachsen", um im Gemeinderat oder Stadtrat
für Unfrieden zu sorgen. Schon 2 oder 3 "Freie Sachsen"
können ausreichen, damit der demokratische Diskurs
vergiftet wird, dass die Verwaltung
unter Druck gesetzt wird, dass die Sitzungen gestört werden. V.a. werden die "Freien Sachsen", wenn sie
in den Kommunalparlamenten sitzen, immer das Bild malen: "Dieser Gemeinderat, Stadtrat,
der kriegt nichts gebacken. Die bekommen es nicht hin,
vernünftig Politik zu machen." Sie befeuern damit
ihre eigene Geschichte immer wieder von der Unfähigkeit der Demokratie. (Mann) Wir lieben Russland! Welche Demos unterstützen die „Freien Sachsen“? Montagabend in Bautzen. Seit rund 4 Jahren demonstriert man hier
nahezu wöchentlich. Gegen angebliche "Corona-Verbrechen",
gegen Impfungen, für den Erhalt von Bargeld. Die "Freien Sachsen"
bewerben den Protest nicht nur, viele Teilnehmer tragen Fahnen
mit dem Logo der Partei. "The white race", die weiße Rasse, steht auf dem T-Shirt
dieses Teilnehmers. Vertrieben wird es
von "Balaclava Graphics", einer Gruppe rechtsextremer
Grafik- und Videomacher. Rechtsextremist Benjamin Moses tritt zur Kreistagswahl Bautzen an Hinter dem Pseudonym
steckt u.a. Benjamin Moses. Auch er tritt zur Kreistagswahl an. 2022 treffen wir ihn
auf der Montagsdemonstration, hinter ihm der "Jugendblock", ein Zusammenschluss
rechtsradikaler Jugendlicher. „Wir wollen keine Pressefreiheit“ Moses in Konfrontation gegenüber YouTuber „Weichreite TV“ (jemand liest) "Wir sind die Jugend
ohne Migrationshintergrund." (Mann) Ey, komm, verpiss dich mal. Warum schubsen Sie mich hier?
- Hau ab. Für den "Jugendblock" fühlt Moses
sich augenscheinlich verantwortlich. Wie der Rechtsextremist tickt, erlebt im Februar auch
AfD-Lokalpolitiker Sebastian Weber, der als "WeichreiteTV" live von
linken und rechten Protesten streamt. Lass unseren Block in Ruhe, film die anderen,
aber nicht die Jugend. Das geht nicht, Scheiß-Diktatur,
wenn ihr keine Pressefreiheit wollt. Wir wollen ja keine Pressefreiheit.
- Super, was wollt ihr dann? Kann ich im Live-Stream nicht sagen.
Verpiss dich einfach. Andere Demonstranten hier haben sich
während Corona radikalisiert. Mit Reichsbürgerszene vernetzt – Kandidat der „Freien Sachsen“ in der Oberlausitz So auch Veit Gähler,
einer der Organisatoren. Er kandidiert
für das "Bündnis Oberlausitz", auf dem Ticket der "Freien Sachsen". Der ehem. Spielzeughändler gilt als gut vernetzt
mit der lokalen Reichsbürgerszene. Militante Neonazis,
NPD-Kader und Corona-Radikalisierte: Die „Freien Sachsen“ bündeln den rechten Rand – vereint im Hass Die "Freien Sachsen"
bündeln den rechten Rand. Ihr Ton ist der Hass. Ob sie künftig
in den Kommunen mitbestimmen, entscheiden am Sonntag
Sachsens Wählerinnen und Wähler. Copyright MDR 2024