Spinat mit Leberwurst: Taktisch Wählen bei der Bundestagswahl

Vor dieser Bundestagswahl quälen sich besonders viele mit der Frage, wenn ich eine bestimmte Partei wähle, welche Regierung bekomme ich denn dann? Das ist eine sehr gute Frage und deshalb wollen wir uns damit hier kurz beschäftigen. Erster Fall, man findet Arme Laschet total toll und findet, der muss es werden. Soll's ja geben. Dann wählt man CDU und bekommt, wenn es denn klappt, eine Jamaika-Koalition, nämlich CDU, Grüne, FDP, das ist relativ klar. Die Große Koalition CDU, SPD hat keine Mehrheit mehr und die will auch niemand mehr. Die Wähler:innen nicht, die beteiligten Parteien nicht, kommt nicht mehr. Theoretisch möglich wäre natürlich noch die Deutschland-Koalition. Also, CDU, SPD und FDP. Das aber sehr unwahrscheinlich. Wenn man sich das ansieht, merkt man, eine Deutschland-Koalition ist praktisch eine Große Koalition und dann hat man noch FDP dabei. Das ist so, wie wenn man sagt, ich kann jetzt wirklich keinen Spinat mehr sehen und deswegen bestelle ich mir jetzt Spinat mit Leberwurst. Hm. Zweiter Fall, man findet Olaf Scholz berührt mich einfach total und holt mich ab und soll Kanzler werden. Wenn man jetzt SPD wählt, gibt es zwei sehr unterschiedliche Möglichkeiten. Dann kann man nämlich kriegen die Ampel: Also, SPD, Grüne, FDP oder man bekommt Rot-Grün-Rot. Also SPD, Grüne und LINKE. Zwei Regierungskoalitionen, die sehr wenig miteinander gemein haben. Man darf ja nicht vergessen die LINKE will Reiche besteuern, die FDP will sie maximal entlasten. Die LINKE will Mietendeckel, Rentenerhöhungen, Mindestlohn, staatliche Vorgaben für Klimaschutz, die FDP will vor allem das alles nicht. Deswegen sind das zwei sehr unterschiedliche Konstellationen Wenn man jetzt findet, diese ganze Sozialdemokratisierung der SPD, die finde ich sowieso blöd, wählt man am besten FDP, um die Ampel zu kriegen. Wenn man dagegen findet, ach so eine sozialdemokratische SPD ist gar keine so schlechte Idee, wählt man am besten die LINKE, damit Rot-Grün-Rot kommt. Weil sonst wird es keine Chance haben. Dritter Fall, man findet die Grünen müssen jetzt endlich mal an die Regierung da könnte man jetzt sagen, die Grünen brauchen eigentlich gar nicht wählen, weil die regieren sowieso in jeder möglichen Konstellation nach der Wahl. Wäre aber gemein, sagen wir nicht. Trotzdem ist es so, wenn man Grünen-Fan ist, flexibel muss man sein, weil da können ja total unterschiedliche Dinge rauskommen. Also mindestens die drei Konstellationen: Jamaika (SPD, Grün FDP) oder die Ampel, (SPD, Grüne, FDP) oder also SPD, Grüne, LINKE. Wie man merkt, hat man in allen Konstellationen, außer bei Rot-Grün-Rot, immer die FDP mit dabei. Also eine Partei, die sagt, Klimaschutz, das machen wir am besten so, dass wir noch mehr von dem machen, was bisher auch schon nicht geklappt hat. Also mehr Markt, keine staatlichen Auflagen, Unternehmen weniger besteuern, keine Vorgaben, Privatisierung. Klimaschutz und FDP, wenn man das zusammenschüttet, neutralisiert sich das gegenseitig. Da kommen dann einfach nichts raus und wenn man das gut findet, also wenn man sagt, ich will, dass die Grünen an die Regierung kommen, aber kein Klimaschutz passiert, dann wählt man am besten die FDP und hofft, dass 'ne Jamaika-Koalition oder eine andere Aussage kommt. Wenn man dagegen findet, es wäre schon gut, wenn auch nach der Wahl noch ein bisschen Klimaschutz übrig bliebe, in der Realität, dann wählt man am besten die LINKE und hofft, dass Rot-Grün-Rot rauskommt, weil dann hat man die FDP nicht dabei. Relativ leicht tun sich die, vierter Fall, die finden, die LINKE hat genau die richtigen Forderungen, die muss möglichst stark werden. Wenn man dann die LINKE wählt, kann es, falls es zu einer Regierungsbeteiligung der LINKEN kommt, eigentlich nur Rot-Grün-Rot sein. Punkt. Da gibt's kein Vertun, da gibt's auch keine anderen Optionen. Theoretisch könnte man sich natürlich noch vorstellen, es gäbe eine Kollektion zwischen der FDP und der LINKEN Das wäre dann möglich, wenn eine Regierung aus FDP und LINKEN sich sagt, die nächsten vier Jahre konzentrieren wir uns ausschließlich auf die Abschaffung der Sektsteuer und die Freigabe von Cannabis. Es sind die beiden einzigen Punkte in dem Wahlprogramm von LINKE und FDP, die übereinstimmen. Ist ein bisschen dürftig für vier Jahre, reicht aber von der Mehrheit auch nicht. Wem das jetzt alles zu kompliziert ist, und es ist ja kompliziert, der kann auch sagen, ich wähle am Sonntag einfach das, wo für mich persönlich am meisten rumkommt. Es geht. Es gibt Institute, die haben das durchgerechnet, wenn man die ganzen Vorschläge in den jeweiligen Wahlprogrammen zu Besteuerung, Kindergrundsicherung, Mindestlohn, Hartz IV umsetzen würde. Also für welche Einkommensgruppen käme dann eigentlich was aus und wer ist am günstigsten? Wäre die Lage, zum Beispiel in Bremer und Bremerhaven äußerst übersichtlich. Dann würden, wenn's nur danach geht, 30.000 Bremer:innen und Bremerhavener:innen die nämlich mehr verdienen als 6.500 Euro im Monat, die FDP wählen, das am günstigsten. Da drunter 3.000 Selbstständige und 6.000 Unternehmer:innen. Und dreihunderttausend Bremer:innen und Bremerhavener:innen würden die LINKE wählen, weil die nämlich weniger als 6.500 im Monat verdienen, darunter immerhin 11.000 Selbstständige und 17.000 Unternehmerinnen. Das wäre das Ergebnis, wenn alle sagen, alles total kompliziert, ich wähle jetzt einfach mal nach meinem Geldbeutel. Wäre auch okay.

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