Reul: Immer mehr Messergewalt in NRW | WDR Aktuelle Stunde

Attentat von Solingen. So schrecklich die Folgen sind, ist es nur eine von Tausenden Messerattacken in Nordrheinwestfalen. Und die meisten davon sind keine Terrorakte. Pressekonferenz heute in Düsseldorf. Innenminister Reul nennt die Zahlen. Seit fünf Jahren werden die erfasst. 2019 zählte die Polizei rund 3400 Messerangriffe. In den Jahren nahm die Zahl zunächst ab und stieg dann 2023 auf den Rekordwert von über 3500. Eine Entwicklung, die den Innenminister besorgt, nicht nur wegen der deutlichen Zunahme. Er gibt zu, dass wir irgendwie nur kleine Lösungen haben und dass es so eine Lösung wie morgen gibt es das nicht mehr gibt. Nicht nur in Solingen gab es Tote. Insgesamt starben bei den Angriffen im vergangenen Jahr 15 Menschen. Auffällig viele der Täter sind jung, fast jeder Zweite war unter 21. Und woher kommen die Täter? Auch das ist nun erfasst. 55 % waren Deutsche, 45 % Nichtdeutsche. Unter denen wiederum auffällig viele Syrer, Türken und Iraker. Was würde helfen, Personen nach Messern zu durchsuchen? Das geht im Moment nur ein Waffenverbot, Schutzzonen, wie es sie in Düsseldorf und Köln gibt. Von einem flächendeckenden Messer Verbot hält der Innenminister wenig. Die SPD fordert genau das. Jeder weiß, dass man damit nicht Terroristen stoppen kann. Aber wir haben ein offensichtliches Problem und deshalb brauchen wir einen Messer Verbot. Und deshalb müssen wir auch Messerverbotszonen ausweiten. Ich habe Sorge, mich noch genauer zu sagen, dass wir damit wieder eine Lösung bieten, die so aussieht, als wäre es die Lösung. Alle sagen Super toll, Haken dran und die Lage ändert sich nicht. Und dann werden die Menschen noch sauberer. Statt alle Bürger zu kontrollieren, setzt NRW darauf, potenzielle Gewaltverbrecher im Blick zu haben. Nur Intensivtätern soll das Tragen von Messern untersagt werden. Die Dortmunder Polizei macht das bereits mit Erfolg. Die Messer Tage Verbote werden in die Fahndung eingebunden. Sie sind elektronisch. Stehen sie den Einsatzkräften zur Verfügung, mit Lichtbild und allem Drum und Dran, so dass wir genau wissen, bei wem wir kontrollieren müssen. Wir kennen auch von diesen Intensivtätern die typischen Orte, wo sie sich aufhalten. Daneben setzt NRW auf Videoüberwachung. Auch das werde Messer, Gewalt nicht komplett verhindern, heißt es. Die Hoffnung ist, dass viele kleine Maßnahmen das Problem zumindest verringern. Wie schaffen wir es, geflüchtete Muslime von unseren Werten zu überzeugen? Das ist eine ziemlich entscheidende Frage. Denn wer die Demokratie schätzt, der wird eher nicht zum Terrorist. Möglicherweise gar nicht. Wolfgang Büscher, Sprecher des Kinder und Jugendwerks Arche Noah, warnt davor, migrantische Kinder und Jugendliche radikalisierter sich zunehmend an die meisten. Da komme man gar nicht mehr ran. Klar ist Man muss sich intensiv kümmern, möglicherweise mit vielen Sozialarbeitern. Aber machen wir uns mal ehrlich In einem Land, in dem Tausende Lehrer fehlen, ist so etwas schwierig umzusetzen. Dennoch haben wir uns gefragt Wen und was bräuchten wir, um jungen Migranten und Geflüchteten zu erreichen? Wer an Jugendliche, an junge Männer rankommen möchte, muss zunächst verstehen Was macht eigentlich anfällig für extremistisches Gedanken? Gut? Gibt es Umstände, die Radikalisierungsprozess begünstigen? Experten, die sich mit diesen Fragen beschäftigen, erklären. Ausschlaggebend sind vielleicht einige Faktoren, die man nennen könnte. Einmal, ob die Lebenssituation stabil ist, ob die psychische Situation stabil ist, ob man irgendwelche Brüche in der Biografie hat. Das bestätigt auch die Kriminologin Johanna Rosa Bollinger. Je instabiler die Lebensumstände eines Menschen seien, umso eher könne Gewalt entstehen. Was bedeutet das mit Blick auf Menschen, die hierher geflüchtet sind? Geflüchtete mit einer guten Bleibeperspektive zeigen sich angepasster als Geflüchtete. Oder es kommt auch darauf an wie verläuft dann eigentlich die Aufnahme? Und generell kommt es aber auch auf die Faktoren an, die wir auch bei Deutschen ausschlaggebend haben junge Männer. Und da kann gerade auch im Zusammenhang mit geflüchteten Unterkünften, wo viele Menschen auf engem Raum zusammen sind, es eher auch zur Gewalt kommen. Sammelunterkünfte, in denen Menschen auf engstem Raum zusammenleben, ist kaum Privatsphäre. Rückzugsmöglichkeiten gibt, können Gewalttendenzen offenbar verschärfen, wie auch das Gefühl von Einsamkeit. Und dann sind hier oft Menschen untergebracht, die traumatisiert sind, aus Kriegsgebieten kommen. Hier müsse Gewaltprävention ansetzen. Wir brauchen die Sozialarbeit, wir brauchen aber auch die psychische Unterstützung. Das heißt, wir brauchen erst mal viel Personal, auch Ausbau von Kapazitäten in den Bereichen und können das nicht alleine mit einer Regelung von Gesetzesverschärfungen und dergleichen hinbekommen. Wenn wir wirklich Ursachen fokussiert, hier langfristig die Zahlen nach unten bekommen wollen. Zufällig treffen wir die Studenten Mohamed, Ali und Afrob. Afrob ist Marokkaner, studiert Soziale Arbeit. Auch er sagt, um Radikalisierung zu bekämpfen, brauche es mehr psychologische Unterstützung. Vor allem bei Geflüchteten, die psychische Behandlung bekommen also die geflüchteten Menschen. Hier in Deutschland ist, kann man sagen Das ist nicht. Nicht reich damit man nicht genug, damit man wieder gesund sein. Und das ist das Problem. Sein Freund Muhammad Ali erzählt uns auch er sei vor kurzem von einem Fremden mit einem Messer bedroht worden. Neben Präventionsmaßnahmen fordert er verschärfte Sanktionen für Gewalttäter. Wenn die Leute richtig sanktioniert sind, dann Ich glaube, dass da noch richtig stark beeinflusst werden kann in der Gesellschaft. Um Radikalisierung, Gewalt entgegenzuwirken, braucht es mehr als nur eine Maßnahme. Verschärfte Kontrollen, Sanktionen, mehr Sozialarbeiter, mehr psychologische Hilfen, andere Formen der Unterbringung, Aufklärung in Schulen. Und da ist noch ein Punkt Nabil aus Marokko möchte, dass jetzt keine Feindbilder entstehen. Wir können einfach trauern, ohne einander anzugreifen, ohne einander irgendwie als Gegner zu sehen. Also, dass wir alle in einer Gesellschaft leben.

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