Denn vergessen ist all das nicht. Die Einsamkeit, die Ängste, das Leben, das nicht nachgeholt werden
konnte. Geschlossene Schulen, Kindergärten. Da ging es um mehr als Bildung. Da ging es um Unwiederbringliches. Bis heute sagt der Bonner Kinderarzt
Axel Schlauer. Für ihn ist nichts vergessen. Den Kindern ist Lebenszeit geklaut worden. Das ist eine ganz wichtige Zeit. Die Kindheit, die die Jugend.
Da machst du Erfahrungen. Und wenn die nicht gemacht werden in bestimmten Zeitfenstern,
kannst du die nicht nachholen. Und das kann man abtun,
wie es viele Politikerinnen gemacht haben. Aber das hat schwere Schäden gesetzt. Wir haben eine Zunahme gerade bei psychologischen Problemen
bei psychiatrischen Erkrankungen in einem Ausmaß,
das haben wir einfach noch nie gesehen. Wer nicht darüber spricht,
kann auch nichts daraus lernen. Die Diskussion ist wieder lauter geworden
über eine politische Aufarbeitung. Auch gestern beim Sommerinterview. Was wir daraus lernen? Am sympathischsten ist der Vorschlag, Bürgerräte mit dieser Frage
sich beschäftigen zu lassen. Das hat ja schon mal geklappt. Als gutes Experiment
des Deutschen Bundestages. Und da sind dann
nicht nur Experten und Abgeordnete und all die, die man schon kennt dabei,
sondern eben auch Bürgerinnen und Bürger. Das finde ich nicht schlecht. Die Schulschließungen wären ein Thema
dabei, sagt er. Das war ihr schon
während der Pandemie ein großes Anliegen. Die ehemalige Familienministerin
Kristina Schröder erinnert bis heute immer wieder daran,
was Kinder und Jugendliche erlitten haben. Schon 6-jährige mussten in Schule
und Betreuung acht Stunden am Tag Maske tragen. Ich habe das selbst
bei unseren eigenen Kindern erlebt. Also kein Sportunterricht. Das war eine Härte, die wir
kaum einem Erwachsenen zugemutet haben. Und bei den Kindern
und bei den Jugendlichen hat die Gesellschaft
mit einem wie ich das empfunden habe, gewissen Achselzucken hingenommen,
weil anderes als wichtiger erachtet wurde, die Infektionen herunter zu kriegen,
vulnerable Gruppen zu schützen. Jetzt ist die Pandemie vorbei,
doch der Kinderarzt klagt Die Kinder werden immer noch vergessen. Wir haben ja noch nicht mal genug
Therapieplätze. Also versuchen Sie mal für einen
10-jährigen einen Platz bei einem Psychotherapeuten
Psychotherapeuten zu finden. Die gibt es nicht genug. Das kann man nicht einfach durch. Jetzt ist alles wieder gut. Geradebiegen. Die Schäden sind gesetzt. Müsste auch das aufgearbeitet werden? Der grünen Gesundheitspolitiker
Janosch Dahmen war immer ein Befürworter harter Maßnahmen. Für ihn ist es jetzt
aber wichtig, nach vorne zu blicken. Niemand hilft bei der Aufarbeitung
der Pandemie. Ein Tribunal,
wo wir mit scheinbaren Ersatzgerichten jetzt nachträglich sagen, was
wir alles hätten besser machen können, Sondern zentral ist,
dass wir nach vorne schauen und uns fragen Was müssen wir beim nächsten Mal besser
machen? Also jetzt einfach pragmatisch
weitermachen. Für Kristina
Schröder ist auch das zu wenig. Darüber kann eine Gesellschaft
nicht einfach so hinweggehen, dazu war das zu drastisch. Und dazu hat das auch für viele Menschen
immer noch noch und noch Auswirkungen. Bis heute. Wer in der Zeit zum Beispiel
einen Angehörigen verloren hatte und wegen der Maßnahmen nicht zu ihm
konnte. Ja, ganz viele ringen
damit und kämpfen damit immer noch. Und ich glaube, für sie wäre es wichtig,
auch einmal zu hören, beispielsweise in Bezug auf diese Maßnahme. Das war falsch.
Das hätten wir nicht tun sollen. Das würde schon viel zur Befriedung
beitragen. Zurückholen lässt sich Versäumtes nicht. Aber vielleicht können ja doch ein paar
gesellschaftliche Wunden geheilt werden. Und wir sprechen in der Aktuellen Stunde mit Stephan
Grünewald vom Rheingold Institut in Köln erst Psychologe, Konfliktforscher, Autor und beschäftigt sich intensiv
mit der Psychologie der Deutschen. Schönen guten Abend, Herr Grünewald.
Guten Abend! Wie wichtig ist es, dass wir das intensiv
aufarbeiten in Deutschland? Die Koronarzeit. Also es gibt eine Tendenz, Vergangenes zu vergessen,
aber es sind sehr viele Wunden entstanden. Von daher begrüße ich,
dass ein Versöhnungsprozess in Gang kommt und man noch mal aufarbeitet, was da alles
gelaufen, aber auch schief gelaufen ist. Wir haben es eben im Beitrag gehört,
da gab es auch Stimmen, die sagen ja, es wäre schon gut,
wenn sich die Handelnden Personen vielleicht in einer gewissen Art
auch entschuldigen oder genau erklären. Ist das richtig? Ja, ja. Also ich glaube, wichtig ist,
dass die Menschen zu Sprache kommen. Also die Idee mit den Bürgerinnen
finde ich klasse, weil wir hatten Bundeskanzler Schulz hat Bürgerrechte
und wir hatten sehr schnell nach einer ersten Zeit des Schuld
ausschlusses eine große Polarisierung. Ausgangspunkt
war ein ungeheures Ohnmachtsgefühl. Wir waren von einem Erreger bedroht,
der tödlich sein konnte, der nicht sichtbar ist. Und es gab dann populare Versuche,
mit dieser Ohnmacht klarzukommen. Wir alle haben gesagt, wir müssen wie in China alles einsperren
und das Leben runterfahren. Und die anderen haben gesagt,
das ist nur wie eine Grippe. Und diese Gräben haben sich immer weiter
entzweit. Das Misstrauen in die Politik ist
gesunken. Von daher ist es fast wichtig für einen
demokratischen Erneuerungsprozess, das mal aufzuarbeiten
und diese Gräben wieder zusammenzuführen. Wie schafft man das jetzt? Also die Aufarbeitung
ohne dass es so Anfeindung gibt, dass es nicht so populistisch wird,
dass man wirklich zusammenkommt? Also Zuhören ist ganz, ganz wichtig. Und einen Raum eröffnen und das tun die Bürger heute,
wo alles mal zur Sprache kommen kann. Es gab ja Verschwörungstheorien,
es gab Erlösungsfantasien. Seroquel Wir fahren das Leben runter
und den Virus los. Alles hat sich ja nicht eingelöst
und wir müssen sozusagen aus dieser Befeindung,
aus dieser gegenseitigen Bevormundung raus und würde einen Raum schaffen,
wo man erzählen kann, wie es einem ergangen ist. Weil erst in dem Verstehen des anderen
wächst sozusagen die Möglichkeit
wieder zu einer Versöhnung. Wie schafft man da
Augenhöhe auch zwischen den Menschen, die die Geschichten erzählen
und vielleicht der Politik? Das ist ja oft auch so und so und so ein Problem, das
Sie haben Sie eben angesprochen Das Vertrauen ist verloren gegangen
bei manchen Menschen, aber das Vertrauen kann zurückgewonnen
werden, wenn die Politik zuhört. Sie wusste es nicht besser. Wir waren in einer Situation,
wo keiner ein Patentrezept hatte. Und jetzt ist es wichtig zu sagen
Okay, wir haben uns geirrt, wir haben den einen oder anderen Fehler gemacht, aber wir haben jetzt
eine Offenheit mehr zuzuhören. Und wir kommen sozusagen
in einen Prozess des gemeinsamen Trauerns, weil die Schäden, die heute noch spürbar
sind, die sind ja nicht zu leugnen. Wichtig ist,
dass wir das mal wachen Auges betrachten. Glauben Sie noch zum Schluss, dass wir,
wenn wir das machen oder mit dem aktuellen Zustand,
dass wir für eine nächste Pandemie gesellschaftlich jetzt besser aufgestellt
sind als beim letzten Mal? Also wir lernen ja aus unseren
Schicksalsschlägen und unseren Fehlern. Also man ist gescheiter, wenn man auch mal
das Gescheiterte zulässt. Aber jeder Katastrophenfall,
jede Pandemie ist anders. Ein bisschen
werden wir aber generell gelernt haben. Und wie wichtig es ist, dass man die jungen Leute nicht
in die Schulschließungen zu schicken. Ich glaube, das wird in Zukunft
auch eine Lehre sein, sagt der Psychologe
Stephan Grünewald in der Aktuellen Stunde. Vielen Dank für das Gespräch
und die Worte. Ich habe zu Danke!