Keine Kartenzahlung: Wie am Finanzamt vorbeigewirtschaftet wird

Videoaufnahmen einer Shoppingtour. Ein erster Hinweis, einen Kassenbon gibt es so gut wie nie, auch nicht auf Nachfrage. "Dann hätte ich gerne den Bon." "Den Bong?" "Ja." "Ist schwer." "Wieso?" "Bei uns kommt eigentlich kein Bong raus." "Aha. Gibt ja eigentlich eine Bonpflicht. Ich sag's ja nur." "Eigentlich schon." "Ist wegen Steuer oder was?" "Nee, mein Chef. Ich weiß nicht, wie das geht." "Verstehe." Das Schauspiel wiederholt sich in  verschiedenen Varianten. Jeder hat seine eigenen Tricks. Cash only, na klar. Bei Kartenzahlung  wären die Einnahmen für das Finanzamt ja nachvollziehbar. Besonders beliebt ist auch  ein Taschenrechner und offen herumliegendes Bargeld. Die größte Gemeinsamkeit: einen Bong gibt es, wenn, dann auf Nachfrage. Wir zeigen die Aufnahmen Florian  Köbler, Chef der Deutschen Steuergewerkschaft. Er sagt, dass Steuerbetrug bei Cash-Geschäften ständig stattfinde und er kennt die Tricks der Branche. Ein Fall weckt sein Interesse ganz  besonders. Auf den ersten Blick scheint hier alles in Ordnung zu sein. Der Verkäufer  benutzt einen Scanner und tippt auf einem großen Display herum. Mehr ist von vorn nicht  zu sehen. Derselbe Vorgang von der Seite. Erst hier ist zu erkennen, es gibt zwar einen Display, aber keine Registrierkasse. Stattdessen einen offenen Kasten mit Bargeld. Und auch auf Nachfrage keinen Bong. "Ja okay, also das ist natürlich die absolute Härte. Er hat auf der rechten Seite eine Geldschatulle, wo natürlich reingewirtschaftet wird. Das zeugt natürlich davon, dass in dem Laden definitiv in der Regel keine Verbuchung der Umsätze erfolgt." Laut Köbler kommt so in vielen  kleinen Unternehmen wie Spätis, Bistros, Restaurants und Kneipen am Ende eine große Summe zusammen. "Also, es wird in der Regel dann Umsatzsteuer hinterzogen. Es werden Ertragssteuern hinterzogen, Einkommenssteuer oder  Körperschaftssteuer. Und dann ist es meistens so, dass die Angestellten auch noch bar bezahlt  werden. Das heißt, hier wird dann über diesen Vorgang Lohnsteuer hinterzogen. Aber natürlich auch gesetzliche Sozialabgaben." Die Steuergewerkschaft hat berechnet wie hoch der Schaden insgesamt  sein könnte. Ergebnis: höher als beim CumEx-Skandal. "Also, wir rechnen damit, dass  jährlich alleine an Steuern dem Staat ungefähr 15 Milliarden entgehen. Und wenn man jetzt eben diese gesetzlichen Sozialabgaben und die Folgewirkungen noch mit einbezieht, dann können da schon 70 Milliarden gut und gerne zustande kommen." Deshalb gibt's auch so gut wie nie einen Bon und bezahlt wird nur in Cash.

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