Wir drehen eine Runde: Podbike Frikar im Test – Ist das noch ein Fahrrad? | DER SPIEGEL

Jürgen, wo willst du denn hin? Willst du Blumen gießen? Niko, hi! Nix Blumen gießen. Die Gießkanne habe ich dabei für einen Regentest mit dem Fahrzeug, um das es heute geht. Es handelt sich um ein elektrisches Velomobil, also ein E-Bike mit Karosserie. Entwickelt und gebaut von der 2016 gegründeten Firma Podbike aus Norwegen. Wir drehen eine Runde mit dem Frikar. Da steht's. Auto, Seifenkiste, E-Bike und Kettcar: Im Frikar steckt von all dem ein bisschen was. In erster Linie aber ist das Ding hier ein E-Bike und zwar mit Karosserie, das heißt rundum Wetterschutz. Kein Zufall, dass die Firma, die das Fricka entwickelt hat im norwegischen Stavanger sitzt, einer der regenreichsten Städte des Landes. Speziell im Winterhalbjahr ist dort Fahrradfahren oft unmöglich oder aber es ist ziemlich riskant. Beim Frikar ist das anders: Vier Räder bieten Stabilität. Und die Karosserie, die bietet Schutz vor Wind, Regen und Schnee. Wir haben heute einen strahlenden Sommertag. Trotzdem wollen wir mal gucken, ob das Fahrzeug den Regentest besteht. Dazu öffnen wir die Haube. Das geht ganz einfach, denn das wird unterstützt von Gasdruckstoßdämpfer. Ich steig jetzt ein. So, Niko, du spielst den Regenmacher. Deswegen haben wir die Gießkanne dabei. Lass uns mal ordentlich pladdern. Ja, da kommt nichts durch. Das ist dicht. Rundum dicht. Alles trocken hier drin. Und einen Scheibenwischer manuell betrieben gibt es da drin auch. Und jetzt? Jetzt geht es weiter mit dem Innenleben des Frikar. Man sitzt nicht wie beim Fahrrad auf einem Sattel, sondern hier auf einer Art Schalensitz. Der ist fest montiert, ebenso wie der Lenker. Bewegen lässt sich aber der Pedalblock, sodass man entsprechend der eigenen Körpergröße den Abstand zu den Pedalen regulieren kann. Außerdem gibt es auf diesem Pedalblog hier eine Handyhalterung. Und wenn man da sein Smartphone reinklemmt, auf das man die Frikar-App geladen hat und das hier mit dem Fahrzeug verbindet, dann hat man hier das Cockpit, ein Digitalcockpit für alle Bedienelemente. Die Bedienelemente hier, das sind ganz normale Lenkergriffe, wie man sie vom Fahrrad kennt. Man hat zwei Handbremshebel. Auch das kennt man vom Fahrrad. Der hier wirkt auf die beiden hinteren Räder, der hier auf die Vorderen. Vorne und hinten gibt es Scheibenbremsen. Und dann gibt es hier oben jeweils Mini-Joysticks. Wenn man den nach vorne bewegt oder nach hinten, schaltet man das Gebläse ein. Das sitzt hier vorne. Und das sorgt dafür, dass die Scheibe aus Polykarbonat nicht beschlägt. Und außerdem so ein bisschen für Frischluft, wenn man hier geschlossen hat, fährt und die Sonne stark scheint. Man kann diese Polykarbonatscheibe übrigens auch komplett abbauen. Dann wird das Frikar zum Cabrio. Außerdem, wenn man den Joystick hier rechts oder links bewegt, dann blinkt das Frikar. Und hier auf der anderen Seite, da lässt sich durch links oder rechts bewegen, die Stärke der elektrischen Unterstützung regulieren und durch hoch und runter bewegen lässt sich die Stärke der Trittfrequenz, die Schnelligkeit der Trittfrequenz einstellen und regulieren. Und hier vorne, da wenn man drückt, ertönt eine Fahrradklingel. Ein bisschen ungewohnt vielleicht für einen normalen Fahrradfahrer, aber dann doch sehr übersichtlich und unkompliziert. So viel zur Theorie. Jetzt kommen wir zur Praxis und drehen 'ne Runde. Um das Frikar zu fahren, braucht man keinen Führerschein. Man braucht auch keinen Helm. Es besteht keine gesetzliche Helmpflicht und ein Versicherungskennzeichen ist auch nicht nötig. Denn das Frikar, das gilt als E-Bike. Was aber ganz anders ist als auf einem Fahrrad, das ist das Sicherheitsgefühl hier drin, was natürlich an der Karosserie liegt. Dann an dieser Rückenlehne des Sitzes, die einen so richtig einschließt, und an dem Überrollbügel hier über dem Kopf. Was auch noch anders ist als auf einem Fahrrad, ist die Lärmentwicklung hier drin. Die ist nämlich ganz schön kräftig, also der Generator und die beiden E-Maschinen, die machen einigermaßen Spektakel. Was auch anders ist, ist natürlich das Handling. Das Frikar mit vier Rädern und fast einem Meter Breite, ist längst nicht so wendig wie ein normales Fahrrad. Dafür aber ist es sehr komfortabel gefedert. Es gibt einzelne Radaufhängung und die bügelt die meisten Fahrbahnunebenheiten ganz gut weg. Außerdem lässt sich dieses Gefährt hier als Lastenfahrrad oder sogar zu zweit nutzen. Und wie das funktioniert, das gucken uns gleich an! Die Form des Frikar erinnert ein bisschen an die Kleinstfahrzeuge wie den Messerschmitt Kabinenroller aus den 50er Jahren. Es geht vor allem um die Funktion, nämlich besonders aerodynamisch zu sein und damit mit möglichst wenig Krafteinsatz möglichst schnell und weit voranzukommen. Und trotzdem bietet diese sehr kompakte, geschmeidige Karosserie noch genug Platz für einen Stauraum im Heck. Den gucken wir uns jetzt an! Am Heck gibt es eine abschließbare Klappe und dahinter ist der Stauraum. Rund 160 Liter Volumen und da passt eine Kiste Wasser locker rein. Und man kommt an den Stauraum übrigens auch von innen. Der Sitz lässt sich nach vorn klappen. Dann kommt man, wie schon gesagt auch an den Stauraum ran. Und für hier hinten wurde soeben ein Kindersitz zertifiziert. Das heißt kleine Passagiere bis sechs Jahre dürfen demnächst auch dahinten mitfahren, der lässt sich nämlich da einbauen. Und hier sieht man auch ganz schön den Akku von einem deutschen Hersteller. Der kann auch an diesem Griff hier rausgezogen und an jeder Haushaltsteckdose aufgeladen werden. Die ersten rund 100 Frikars, die wurden in Norwegen gebaut, in Stavanger von der Firma Podbike. Inzwischen wird die Produktion aber nach Tschechien verlegt. Dort wird die Fertigung gerade aufgebaut und hochgefahren. Im nächsten Sommer sollen rund 150 Frikars pro Monat dort gebaut werden können. Das klingt sehr ambitioniert. Allerdings sagt die Firma, es liegen bereits 4600 Bestellungen für das Fahrzeug vor, die meisten davon aus Deutschland. Uns reicht dieses eine Frikar hier. Mit dem drehen wir jetzt noch eine Runde. Wir wollen uns noch mal kurz mit dem Antrieb des Frikar beschäftigen, denn der ist anders als ein normaler E-Bike-Antrieb. Wenn ich hier die Pedale trete, dann habe ich keine direkte Verbindung zu den angetriebenen Hinterrädern, sondern mit der Tretkurbel hier vorne, bewege ich einen Generator, der Strom produziert und einen Steuerimpuls an die beiden E-Maschinen an den Hinterrädern weitergibt, wie schnell ich denn eigentlich fahren möchte. Und die E-Maschinen wiederum, die unterstützen bis zu einer Geschwindigkeit von 25 kmh das Vorwärtskommen. Wie stark sie mich unterstützen und wie schnell ich hier vorne treten will, das kann ich mit diesem kleinen Joystick, wie wir es vorhin gesehen haben, einstellen. Und wenn ich aufhöre zu treten, dann gibt es eine Rekuperationsfunktion, auch anders als bei einem normalen E-Bike. Alternative Fahrzeuge gibt es eine Menge. Aber das Frikar, das kombiniert ein paar entscheidende Merkmale neu: kompakte Maße, hoher Wetterschutz, elektrische Unterstützung, körperliche Betätigung und praktische Details. Für Menschen, die weniger oder gar kein Auto mehr fahren wollen, aber trotzdem individuell mobil sein möchten, könnte das eine Lösung sein. Gut gefallen uns: das durchdachte Konzept, die solide Bauart und der hohe Wetterschutz. Minuspunkte sind: Das Frikar ist längst nicht so handlich wie ein Fahrrad. Das Frikar ist längst nicht so leise wie ein Fahrrad. Und wenn der Fahrradweg zu schmal wird und man auf die Straße wechseln muss, dann kommt man sich zwischen all den SUVs ein bisschen verloren vor. Was kostet das Gefährt hier? Das Frikar kostet netto 9.500 €. In Deutschland mit Mehrwertsteuer werden daraus 11.305 €. Und wer weiß, vielleicht wird aus diesem kleinen Mobil ja was Größeres für einen klimafreundlicheren Verkehr von morgen. Niko, wir können es ja noch mal gießen. Können wir machen.

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